Platz für Newcomer und heimische Szene am Nova Rock

APA/HERBERT P. OCZERET
Es müssen nicht immer die ganz großen Namen sein, um das Nova-Rock-Publikum zu begeistern.

Auch Newcomer und Vertreter der heimischen Szene haben auf Österreichs größtem Rockfestival ihren Platz, wie der erste Tag der diesjährigen Ausgabe zeigte. So punkteten etwa die Briten Valeras auf der Red Bull Music Stage mit starken Songs, während die oberösterreichische Folkshilfe die Red Stage eroberte.

"Man muss Eindruck hinterlassen, wann und wo immer man die Chance dazu hat", sagte Sängerin und Bassistin Rose Yagmur von Valeras im APA-Interview. "Wenn sich nur eine Person nach einem Auftritt für dich interessiert, hat man schon den richtigen Schritt gemacht", betonte die Musikerin aus Reading.

Valeras: "Geben immer 100 Prozent"

"Wir geben immer 100 Prozent. Wir haben diese Mentalität, dass wir auch vor weniger Leuten so spielen, als stünden wir vor einer großen Menge." Die Reaktion der Zuhörer untermauerte diese Aussage, es gab viel Applaus und Zuspruch, auch wenn Valeras einen Farbtupfer im überwiegend harten Festival-Programm darstellten.

Der Sound der Briten, die allesamt erst zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, wird von drei Gitarren dominiert, zwei davon von Frauen gespielt - eine davon stoisch und konzentriert, die andere ausgelassen headbangend. Manche Songs gehen in Fuzzparts über, andere sind knackig. Eingängige Poptracks fanden sich ebenso im Programm wie komplexeres Material. Freche Rocksongs rundeten das Angebot ab. "Unser Stil ist ein laufender Prozess, wir entwickeln ihn immer noch weiter und wollen gar nicht aufhören, das zu tun", meinte Yagmur.

Wie und warum man drei Gitarren unter einen Hut bringt, erklärte George Parnell, laut Yagmur ein "Gitarrengenie" und gemeinsam mit seiner Sängerin auch Hauptsongschreiber: "Wir haben zu viele Ideen. Wenn wir einen Song ausarbeiten, fallen uns drei bis fünf Melodien ein, die wir einbringen möchten. Die teilen wir dann auf die drei Gitarren auf. Das ergibt unseren typischen Sound. Aber der Grund, warum wir überhaupt drei Gitarren haben, ist ein anderer. Wir haben uns durch Zufall getroffen. Auf einer Rock Akademie, einem Sommerkurs in Reading. Wir sind zufällig zusammengewürfelt worden. Und es hat gepasst."

"Wir kannten uns vorher überhaupt nicht", berichtete Yagmur weiter. "Wir waren sehr jung und dachten: 'Oh, da haben wir jetzt neue Freunde gefunden, lasst uns ein bisschen Spaß haben.' Dann haben wir erkannt, dass wir als Band wirklich gut funktionieren. Jetzt sind wir seit sechs Jahren zusammen. Zwar haben wir zwischendurch den Bandnamen geändert, aber die Mitglieder sind die gleichen geblieben."

Viele Leute meinen ja, Gitarrenmusik sei tot. "Vor allem das Radio denkt so", nickte die Sängerin. Ihr Kollege ergänzte mit breitem Lächeln: "Ich möchte nicht eitel klingen, aber unser Auftritt und die Reaktion der Leute hier hat uns einmal mehr bewiesen, dass dem nicht so ist." Vorerst gibt es von Valeras einzelne Songs - etwa auf YouTube oder Spotify. "Wir sind gerade dabei, emsig Lieder zu schreiben und aufzunehmen", erzählte Yagmur. "Wir sprechen bereits von einem Album, aber schauen wir mal, wie wir das realisieren. Auf alle Fälle bringen wir demnächst einen neuen Song heraus."

Neues für Folkshilfe-Fans

Auf neues Material dürfen sich auch Fans der Folkshilfe einstellen: Das Trio ist derzeit zwar auf großer Sommertournee unterwegs, nutzt aber jede freie Minute für einen Abstecher ins Studio. Dass man mit "Quetschn"-Sounds auch auf dem grundsätzlich harten Nova Rock ins Programm passt, freute die Musiker. "Hier spielt heuer ein RAF Camora ja auch, es ist sowieso schon heterogen", betonte Florian Ritt im APA-Gespräch. "Es ist einfach megaschön, dass das funktioniert und von den Leuten angenommen wird."

Wirklich vorbereiten müsse man sich auf so einen Auftritt jedenfalls nicht. "Wir arbeiten zwar derzeit am neuen Album, das im Herbst kommen wird, aber eigentlich sind wir einfach eine Liveband", so Ritt. "Wir spielen zwischen 80 und 100 Mal im Jahr, haben eine super Crew und können mittlerweile so ein Konzert machen. Ein Festival ist natürlich immer ein besonderes Szenario - du hast 40 Minuten Zeit, es gibt keinen Soundcheck, alles muss ganz schnell gehen."

Im Februar war die Folkshilfe in Deutschland unterwegs und bespielte Clubs zwischen Hamburg und München. "Da spulst du schon Tausende Kilometer herunter, was wirklich anstrengend ist", gab Gitarrist Paul Slaviczek zu. "Aber hey, die Belohnung ist riesig! Wer hätte gedacht, dass wir als Band wirklich bis nach Hamburg kommen? Es macht einfach Bock auf mehr und ist der Beweis, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Den werden wir weitergehen und einfach alles geben."

Musikalisch ist bei der Band vieles möglich - mit Ziehharmonika, Gitarre, Schlagzeug und Synthesizer wird eine Ästhetik kreiert, die schwer einzuordnen ist und vor allem handgemacht rüberkommt. "Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft", nickte Ritt. "Wir haben noch so viele Möglichkeiten und eigentlich schon wieder Ideen für das nächste Album. Die Quetschn ist so vielfältig, genauso wie der dreistimmige Gesang. Das hat es verdient, nicht nur von ein paar Protagonisten in ein bestimmtes Eck getrieben zu werden. Aus unserer Sicht sind wir angekommen." Eingebracht hat dieser Ehrgeiz den drei Musikern (komplettiert durch Schlagzeuger Gabriel Fröhlich) nicht zuletzt einen Gig am Donauinselfest kommende Woche. Die Reise der Folkshilfe geht also weiter.