Ewald Tatar zieht Hut vor 220.000 hitzeresistenten Fans

APA/HERBERT P. OCZERET
Nova-Rock-Intendant Ewald Tatar hat den seinen Angaben zufolge 220.000 Fans beim diesjährigen Nova Rock seinen Respekt gezollt: "Hut ab", sagte er über jene durchaus beachtliche Schar, die schon ab dem frühen Nachmittag vor den beiden großen Bühnen stand. Auf diesen beschließen heute, Sonntag, Die Ärzte und Within Temptation die 15. Auflage der Veranstaltung.

Nachdem die laut Prognose möglichen schweren Gewitter Nickelsdorf nicht erreicht haben, atmete Tatar auf: "Es war natürlich heiß, aber ich nehme lieber dieses Wetter als vier Tage Dauerregen." Auch sonst wirkte der Burgenländer zufrieden: "Meinen Besuchern hat das Festival gefallen. Ich hatte gerade ein Meeting mit dem Nova Rock Forum, das aus 30 bis 50 langjährigen Besuchern besteht. "Von denen erhalte ich immer viel Feedback - auch negatives, wenn es etwas zu beanstanden gibt. Bis auf ein paar Kleinigkeiten gab es von dieser Seite diesmal keine Kritik. Das ist ein gutes Zeichen."

Ein paar verärgerte Stimmen waren allerdings wegen der Programmierung der Headliner laut geworden. "Leider gibt es diese Genre-Unterschiede nicht mehr so stark, mittlerweile ist alles eine Grauzone", so Tatar. "Manche wollten sowohl Die Toten Hosen als auch In Flames sehen, andere hätten gerne Slipknot als auch Sum 41 miterlebt. Irgendwo geht es halt nicht, es wird immer etwas zusammentreffen, was jemandem nicht so taugt. Ich versuche aber immer, die Zeiten so zu gestalten, dass die Überschneidungen der Zielgruppen so gering wie möglich sind."

"Musikalische Farbtupfen sind extrem wichtig"

Auch wenn das harte Programm wesentlich mehr Zulauf hatte, kamen die Alternativen bei nicht wenigen Besuchern gut an. "Musikalische Farbtupfen wie Smashing Pumpkins oder The Cure sind extrem wichtig", nickte Tatar. "Es hat funktioniert, es sind Leute nur am Freitag wegen The Cure gekommen. Denen hat es hier auch gefallen, das ist auch wichtig." Musikalische Ausreißer seien aber nicht nur am Abend von Bedeutung: "So blöd das vielleicht klingt, aber ein Festival braucht auch Durchhänger. Eine Festival kann nicht mit Full-Power über 14 Stunden dahinblasen."

Dass die Besucher in den letzten Atemzügen der diesjährigen Ausgabe noch Kraft haben, hoffte Sharon den Adel, Sängerin von Within Temptation. Als allerletzte Band auf einer Festivalbühne aufzutreten, sei "eine Ehre", aber auch "eine Herausforderung". "Es kommen so viele Einflüsse zusammen, die man nicht beeinflussen kann, wie etwa das Wetter. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die Fans halten können. Klar, ein paar gehen trotzdem, egal wie gut wir spielen, weil morgen ja ein Arbeitstag ist. Wir werden alles tun, um die Leute noch einmal zu einer Party zu motivieren."

Die Front-Lady der Symphonic Metal Band strahlte im APA-Gespräch jedenfalls Selbstbewusstsein aus. "Früher war ich immer sehr nervös vor den Auftritten. Manchmal bin ich es noch immer", sagte den Adel. "Mein Gitarrist sagt immer wieder zu mir: 'Sharon, das ist dein Traum. Du hast ihn dir erfüllt, genieße ihn. Sei einfach du selbst!' Das hilft mir. Denn ich liebe diesen Job ja wirklich."

Hitze, Staub und Wind regierten auf den Pannonia Fields

Obwohl die Temperaturen am Abschlusstag etwas zurückgingen, regierten auf den Pannonia Fields immer noch Hitze, Staub und Wind - das klingt doch eigentlich wie ein Drehbuch für Cari Cari: Das österreichische Duo eröffnete die Blue Stage mit ihrem Wüstenrock, der vor Melodiegroßtaten nur so strotze. Dass Stephanie Marie Louise Widmer und Alexander Köck - live zeitweise unterstützt von einem Drummer - derzeit einen Lauf haben, konnte man gut erkennen. Und vor allem, dass es ihnen verdammt viel Spaß macht. "Ein Moshpit um 14.25 Uhr, da kann man zufrieden sein", grinste Köck nach dem Gig im Interview.

Wie er seiner Gitarre groovige Riffs ebenso entlockte wie fein gesponnene Soli, während Widmer mal am Didgeridoo, mal am Drumset oder den Vocals ungewöhnliche, aber stets passende Akzente setzte, das machte durchwegs Laune. Köck selbst war vor gut zehn Jahren noch als Besucher am Nova Rock, sein erstes Festival, wie er erzählte. Nicht nur deshalb sei der Auftritt heuer "etwas besonderes. Mittlerweile haben wir aber auch die Ehre und Freude, schon viele Festivals dieser Größe spielen zu dürfen. Und alles läuft super professionell ab", gab es Lob an die Organisatoren.

Wie können sich die Musiker am im Konzertstress noch Energie aufsparen? Gesunde Ernährung sei natürlich wichtig, nickte Köck. "Eigentlich hast du aber gar keine Zeit, groß darüber nachzudenken", ergänzte Widmer. "Du wirst viel eher durchgeschoben. Da gibt es viel mehr Hände, es geht alles viel schneller", verwies sie auf Veranstaltungen dieser Größenordnung. "Das ist natürlich alles sehr dicht getaktet." Es sei letztlich wie das "geordnete Chaos", lachte die Sängerin.

Ein Stichwort, das wohl auch für Al Jourgensen passend war: Der Kreativkopf der Industrialrocker Ministry musste vor der Red Stage zwar mit einem sehr spärlichen Publikumszuspruch auskommen, gab sich gemeinsam mit seiner Band aber keine Blöße, sondern pflügte durch ein unglaublich lautes Set, das sicherlich noch für reichlich Ohrenklingeln in den nächsten Tagen sorgen wird. Davor gab es eine kleine Zeitreise bei Testament - eine routinierte Metalshow, die funktionierte, aber reichlich Luft nach oben ließ. Zum Glück ist der Tag noch nicht vorbei.