Um die geplante Urheberrechtsreform tobt eine heftige Debatte  |  APA (AFP)

EU-Parlament segnet umstrittene Urheberrechtsreform ab Das Europaparlament hat die umstrittene Copyright-Reform am Dienstag ohne Änderungen gebilligt.

Für den im Februar mit den EU-Regierungen erzielten Kompromiss votierten 348 Abgeordnete, dagegen stimmten 274. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) begrüßte den Beschluss. Sozialdemokraten, Grüne und Liberale äußerten umgehend Sorge um die Freiheit des Internets.

Die Urheberrechtsreform, gegen die am Wochenende Zehntausende Menschen in ganz Europa demonstriert hatten, sieht Uploadfilter und ein Leistungsschutzrecht vor. Kritiker sehen darin ein Einfallstor für Zensur sowie eine Beschränkung der Internetfreiheit.

Medienminister Blümel sprach von einem guten Tag für Europa. "Europa muss auf Augenhöhe im Wettbewerb mit den Online-Giganten kommen. Dazu ist die Herstellung gleicher Rahmenbedingungen Grundvoraussetzung", betonte Blümel. "Was in der analogen Welt gilt, muss auch in der digitalen gelten", so der Minister, der zugleich ankündigte, dass an der nationalen Umsetzung der Richtlinie "unmittelbar gearbeitet" werden müsse.

Auch die EU-Kommission begrüßte den Beschluss. Das Votum garantiere die "richtige Balance" zwischen den Interessen aller Akteure - Nutzer, Kreative, Autoren und Presse, während Online-Plattformen verhältnismäßige Verpflichtungen erfüllen müssten, erklärte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis.

Argumente der Kritiker, "dass die Freiheit des Internets durch die neue EU-Richtlinie in Gefahr sei, sind falsch", betonte ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas. "Für die Userinnen und User ändert sich bei der Nutzung des Internets nichts - außer, dass sie nicht mehr für etwaige Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht werden."

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani zeigte sich ebenfalls zufrieden. Die EU - der größte digitale Markt weltweit - bekomme nun ein modernes und faires Copyright, sagte der italienische Konservative.

Als "traurigen Tag für das Internet" bezeichnete hingegen SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner das Votum. "Dieser Vorschlag passt das Urheberrecht nicht an die Realität im heutigen Internet an. Stattdessen kommen Uploadfilter, die alle treffen. Das führt zur Zensur und schränkt die Meinungsfreiheit ein", kritisieren Regner und der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer.

Kritik kam auch von Grünen und NEOS. "Eine Mehrheit aus Konservativen, SozialdemokratInnen und Liberalen hat gegen das freie Internet gestimmt und ignoriert die Sorgen und Proteste der rund 200.000 Menschen, die am Samstag für das freie Internet demonstriert haben und Millionen weiterer, die sich im Netz für ein freies Internet artikulieren und dafür kämpfen", teilte der Grüne EU-Spitzenkandidat Werner Kogler mit. NEOS-Abgeordnete Angelika Mlinar sprach von "sehr schlechten Nachrichten für das freie Internet". Die Europäische Volkspartei habe "ohne Rücksicht auf Verluste eine zerstörerische und innovationsfeindliche Regelung auf den Weg gebracht, die Zensur Tür und Tor öffnet".

Vor der Abstimmung hatte unter den österreichischen Mandataren nur die ÖVP ihre Unterstützung zu dem Kompromiss erklärt. SPÖ und die Grünen kündigten eine Ablehnung an. Die FPÖ wollte sich enthalten. In der Plenardebatte vor der Abstimmung waren die Wogen hoch gegangen. Für Empörung sorgten dabei Berichte über einen angeblichen Deal zwischen Berlin und Paris, bei dem es um einen Abtausch zwischen der Urheberrechtsreform und der umstrittenen Gaspipeline Nord-Stream-2 gegangen sein soll.

Die EU-Staaten haben die Reform bereits im Februar abgesegnet. Sie sieht ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Artikel 11 und die Einführung sogenannter Upload-Filter im (ursprünglichen) Artikel 13 der Richtlinie vor, der in der nun angenommenen Version des Gesetzestextes Artikel 17 ist.

Zum einen sollen Zeitungsverlage und Autoren mehr für ihre Inhalte bekommen. Suchmaschinen wie Google dürfen nicht mehr ohne weiteres kleine Artikel-Ausschnitte in ihren Suchergebnissen oder bei Google News anzeigen. Zum anderen werden Plattformen wie YouTube stärker in die Pflicht genommen.

Geschützte Werke müssen lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürfen nicht hochgeladen werden. Ausgenommen sind Start-Ups. Kleine News-Schnipsel, GIFS und Memes dürfen weiterhin im Internet geteilt werden. Österreich hatte das Paket gemeinsam mit einer Mehrheit der EU-Staaten unterstützt. Gegen die Copyright-Reform stimmten die Niederlande, Polen, Luxemburg, Finnland und Italien. Slowenien, Malta und Belgien enthielten sich der Stimme.

Mehr als 260 Verlage, Zeitungen, Nachrichtenagenturen, Rundfunk-Anbieter, Produktionsfirmen und Medienschaffende hatten im Vorfeld der EU-Abstimmung zur Unterstützung der Reform aufgerufen.

Whistleblower Edward Snowden hat die Entscheidung des EU-Parlaments scharf kritisiert. "Vergiss nie, was sie hier gemacht haben", twitterte der 35-Jährige am Dienstag auf Deutsch.